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Beitrag vom 18.10.2011
Schröder feiert die Flexiquote - Frauenverbände fordern gesetzliche Festlegung
Britta Meyer
Was haben die DAX-Konzerne Adidas, Deutsche Bank, Metro, Allianz, Bayer, BMW, Commerzbank, Deutsche Börse, Lufthansa, Beiersdorf, Deutsche Post, Fresenius, HeidelbergCement, Infineon, K+S, ...
... Linde, MAN, ThyssenKrupp, Merck, Münchener Rück, und RWE gemeinsam? Nach zehn Jahren einer freiwilligen Gleichstellungspolitik haben sie alle keine einzige Frau in ihren Vorständen. Was hält unsere Bundesfrauenministerin diesbezüglich für eine wirksame Maßnahme? Freiwillige Selbstverpflichtungen.
Am 17. Oktober 2011 trafen sich die Bundesministerinnen Kristina Schröder, Ursula von der Leyen (beide CDU), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit den Vorstandsmitgliedern der Dax-30-Unternehmen, welche ihre selbst gesetzten Zielmarken vorstellten, mit denen sich die Unternehmen freiwillig verpflichten, eine je nach Konzern individuelle Frauenquote für Führungspositionen umzusetzen.
Die Ergebnisse lesen sich zunächst äußerst erfreulich: die Unternehmen verpflichten sich freiwillig und ohne gesetzlichen Druck, bis spätestens 2020 den Anteil von Frauen im Management oder in anderen Spitzenjobs auf bis zu 35 Prozent steigen. Die Bundesfamilienministerin zeigte sich begeistert über soviel freundliches Entgegenkommen und betonte, die von ihr eingeführte "Flexiquote" werde zuverlässig die erwünschten gleichstellungspolitischen Resultate erbringen.
"Deshalb werde ich diesen Weg beibehalten: Erstens, die Verpflichtung an die Unternehmen, sich zu der Frage von Frauen in Führungspositionen zu verhalten und sich ein Ziel zu setzen. Zugleich aber zweitens die Freiheit für die Unternehmen, dieses Ziel ohne Vorgaben von außen zu setzen", so Schröder im Anschluss an das Treffen in Berlin.
Nicht schon wieder nutzlose Freiwilligkeit
VerfechterInnen einer gesetzlich festgelegten Quote mit verbindlichen Zielvorgaben sind da deutlich weniger optimistisch. Scharfe Kritik setzte es vor allem aus den Reihen der SozialdemokratInnen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf Schröder vor, "den Konzernen auf den Leim gegangen" zu sein. Schröder schade durch ihre Verweigerung der verbindlichen Quote Deutschland langfristig als Wirtschaftsstandort, so Nahles weiter.
Der Deutsche Juristinnenbund (djb) begrüßte zwar Schröders Bestrebungen, stärker als bisher in die Ausbildung junger Frauen zu investieren, warnte aber ausdrücklich davor, auf eine gesetzliche Regelung zu verzichten. Die Juristinnen wiesen dezidiert darauf hin, dass Freiwilligkeit in der Quotenfrage bereits seit zehn Jahren vorherrscht – und in all der Zeit keine messbaren Erfolge gebracht hat, wie der nach wie vor bestehende Frauenanteil in den Vorstandsetagen der Dax30-Unternehmen von nur 3,7 Prozent beweist. Das sind ganze sieben Frauen unter insgesamt 190 Vorstandsmitgliedern.
"Ein weiteres verlorenes Jahrzehnt für die Frauenförderung darf die Politik den Frauen nicht sehenden Auges zumuten", so die Präsidentin des djb, Ramona Pisal in einer Pressemitteilung vom 17. Oktober 2011.
Die von den Unternehmen präsentierten Zielsetzungen haben nämlich mehrere kleine Schönheitsfehler: erstens soll die angestrebte Quote nicht für Vorstände und Aufsichtsräte gelten, also obersten Führungsetagen, in denen die grundlegenden und verbindlichen Entscheidungen eines Unternehmens gefällt werden. Zweitens wird in von Firma zu Firma unterschiedlich definiert, was als eine "Führungsposition" gelten darf. So bekleidet bei Infineon dem Katalog nach etwa jedeR vierte MitarbeiterIn eine solche Führungsposition, bei Siemens nur jedeR fünfte, und bei der Lufthansa, VW und der Post liegt der Anteil nur bei etwa einem Prozent.
Wird nach diesen schwammigen Vorgaben gearbeitet, dann kann dies schlicht und einfach heißen, dass weiterhin ein hoher Anteil an Frauen in den niedrigen Entscheidungspositionen verbleibt, der dann als Beleg für eine erfolgreich erfüllte Frauenquote wird herhalten müssen.
Unübersichtliche Zielsetzungen und schwammige Formulierungen
Was also ist eine Führungsposition? Eine Abteilungsleitung? Eine Referatsleitung? Auch aus den eigenen Reihen weht Frau Schröder ein kühler Wind entgegen – allerdings aus gewohnter Richtung. "Ich hätte mir gewünscht, dass nicht Äpfel und Birnen und Mandarinen miteinander verglichen werden", kritisierte die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, die für eine gesetzlich verordnete, feste Quote mit entsprechenden Sanktionen bei Nichteinhaltung eintritt, die uneindeutigen Angaben der Konzerne. Sie sei skeptisch, dass diese neue Selbstverpflichtung, die sich wieder nur auf die unteren Führungsebenen beziehe, wirklich etwas in den Entscheidungsgremien der Unternehmen verändern werde, so von der Leyen weiter.
Auch die jeweils gesteckten Ziele unterscheiden sich in ihren Zeitrahmen und Quantitäten erheblich untereinander. So strebt zum Beispiel Adidas seinen Frauenanteil in Führungspositionen bis Ende 2015 von derzeit 26 auf bis zu 35 Prozent anheben. Beiersdorf dagegen gibt an, den Frauenanteil unter den leitenden Angestellten bis Ende 2020 auf 25 bis 30 Prozent steigern zu wollen. Daimler wiederum will bis 2020 nur 20 Prozent.
Während Kristina Schröder es noch als Erfolg bewertete, dass keine der Unternehmen ihre Zielvorgaben im einstelligen Bereich verortet hatten, forderte die Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen (VdU), Petra Ledendecker, die Konsequenz aus den schwammigen Selbstpositionierungen zu ziehen und die "Ära der freiwilligen Vereinbarung endlich zu beenden".
Einen Mangel an Frauen für Top-Positionen gibt es, entgegen lautenden Mythen zum Trotz, nämlich nicht: der VdU führt zur Zeit über 370 qualifizierte Führungsfrauen in seiner Aufsichtsratsdatenbank.
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